9/25/2015

MISS PIGGY'S POSTERBOOK

BILDBAND | VERSAUT | IRONISCH


Die reaktionäre US-Elternvereinigung "One Million Moms" hat sich natürlich schon beklagt - (eigentlich ein gutes Zeichen für die Sendung): Die neuen Folgen der MUPPETS zeigten eine pervertierte Form der liebenswerten Puppen. Da zeigt sich eher einmal wieder, wie sehr man diese chaotischen und anarchistischen Muppets missverstehen kann, die schon immer auf verschiedensten Ebenen funktionierten und Subtexte enthielten, die alle menschlichen Abgründe ausloteten. Bestes Beispiel ist sicherlich die Diva Miss Piggy: Unvergesslich, wie sie den verzweifelt wirkenden homosexuellen Rudolf Nurejew in der Sauna festhielt und mit ihm "Baby, it's cold outside" trällerte. Das Spiel um die weiblichen sexuellen Klischees wurde anhand dieses Schweinestars und nun auch Feminismus-Preisträgerin auch extrem gut in dem Buch "Miss Piggy's Posterbook" eingefangen, das mit einigen ironischen, schlagfertigen und brillanten Kommentaren von "Moi" versehen ist. Natürlich spielt Miss Piggy darin die Hauptrolle, denn wie sagte sie einst so schön zu dem Mann in ihrem Schatten: "Kermit wäre doch gar nicht hier, ohne mich. Weder hier noch sonst wo. Die Muppets, das bin doch ich. Die einzig wahre, die göttliche Miss Piggy." Dem großformatigen Bildband (sie weist darauf hin, dass die Bilder selbstverständlich zum Rahmen gedacht sind) gab sie in ihrer göttlichen Gnade nur nach, weil man(n) sie förmlich anbettelte. Das ist ein Buch einer Figur, die das Leben und die Männer kennt, denn: "Life is a Pigsty", liebe Elternvereinigung: "And if you don't know this by now, then what do you know?"... Beschwört also niemals den göttlichen Zorn der Miss Piggy!



Sound zum Buch:









http://msshapes.blogspot.de/2015/09/miss-piggys-posterbook.html

9/14/2015

OLIVER HARRIS: LONDON UNDERGROUND

THRILLER | BRUTAL | RASANT

Brutalismus: Ein Architekturstil, der kalt, klar und konstruktiv den Menschen einen Betonbuker vorsetzt, den man entweder abschreckend oder faszinierend finden kann. In Oliver Harris' Krimi "London Underground" sollen solche Bauwerke und Bunker zu beidem führen. Der ermittelnde Detective wird ebenso von ihnen angezogen wie extrem fertig gemacht. Nick Belsey ist eine kaputte und korrupte Figur. Klar, anständige und adrette Ermittler gehören der Vergangenheit an, aber dieser hier ist schon besonders amoralisch und kein Wunder, dass er auch in diesem Buch bis nach ganz unten muss, nämlich ins verwinkelte und dunkle Tunnelsystem Londons. Hier steigt er nämlich mit einer für ihn viel zu jungen Frau ein, doch aus dem vermeintlich gefährlich-romantischen Rendezvous-Kitzel wird eine Entführung voller Verschwörungstheorien, Verrückter und Verfolgungsjagden. Die Stadtkarte Londons spielt dabei eine besonderere Rolle, genauso wie die brutalen Bauwerke der City wie das Barbican oder der Centre Point. Dort, an der Tottenham Court Road, laufen täglich Hunderttausende Touristen vorbei, nichts ahnend, dass dieser kalte Klotz unter mysteriösen Umständen entstand. 1966 fertig gestellt, stand er erstmal zehn Jahre leer. Und es geht die Legende, dass die Regierung den Bau für den Eingang zu einem Tunnelsystem nutzte ... Wie bei einer besonders morbiden Schnitzeljagd hetzt Belsey dem Entführer nach, quer durch die Metropole und quer durch deren Vergangenheit. Je mehr Belsey das geheime Tunnelsystem unter de Stadt entwirrt, desto mehr entwirrt sich auch die komplexe Story. Ein Buch das man durstig austrinkt, wie ein letztes schnelles Pint im Pub, bevor man rausgeworfen wird in eine nasse und nackte Stadt voller brutal (schöner) Gebäude...


Sound zum Buch:





9/10/2015

THERESA PRAMMER: WIENER TOTENLIEDER


KRIMI | KRUDE | KÜHL

Wien: Immer wieder morbid, immer wieder hin, immer wieder große Oper. Diese drei Fakten lassen sich allesamt in Theresa Prammers Krimi "Wiener Totenlieder" finden, denn es geht um viele Morde, eine ziemlich derangierte Ermittlerin wider Willen und natürlich die berühmte Oper. An der Wiener Oper kommen nämlich nach und nach Darsteller, die Souffleuse oder Tänzerinnen gewaltsam ums Leben. An dieser Stelle wird die Kaufhausdetektivin Fiore auf die Bühne gezerrt, die zu viel säuft, mit zu vielen Männern schläft und zu viel in nie gelösten Traumata versinkt. Letztere haben mit ihrer verstorbenen Mutter - einer berühmten Operndiva - zu tun. Dieser Link  und die Tatsache einst bei der Polizeiaufnahmeprüfung gescheitert zu sein, führt sie als Undercover-Ermittlerin zu der Mordserie an der Oper. An ihre Seite wird ein ebenfalls gescheiterter und geheimnisvoller Partner gestellt, der zur Zeit als Clown arbeitet - was sonst? Von da an wird die Story zuweilen auch clownesk, manchmal krude und ziemlich cool. In lässigem Tonfall erzählt Prammer eine Geschichte, die drei Ebenen miteinander verwebt: Den Kriminalfall, die Vergangenheit Fiores und die Vergangenheit ihres Partners Konrad. Am Ende soll alles drei aufgelöst und mit einem fast schon operettenhaft schönen Ende auf einen (hoffentlich) kommenden weiteren Teil der Totenlieder verweisen. Ein Debüt voller kurioser Wendungen, skurriler Einfälle und endlich einer Frau als Ermittlerin, die genauso kaputt sein darf wie ein Brenner... Ein Lesebefehl mit der Pistole in der einen Hand und einem Schnaps in der anderen.


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