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Frantz Schmidt, der einstige Nürnberger Henker, richtete von 1573 bis zu seiner Pensionierung 1618 an die 400 Menschen hin, unzählige folterte oder verstümmelte er. Zum Glück sind diese Zeiten vorbei mag da so mancher denken, aber die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht in ihrem neuesten Jahresbericht von immer mehr Hinrichtungen weltweit und man kann davon ausgehen, dass die Maschinerie des Tötens und die Perfidie des Folterns heutzutage anders, aber nicht weniger grausam abläuft als in der frühen Neuzeit.
Frantz Schmidt, der einstige Nürnberger Henker, richtete von 1573 bis zu seiner Pensionierung 1618 an die 400 Menschen hin, unzählige folterte oder verstümmelte er. Zum Glück sind diese Zeiten vorbei mag da so mancher denken, aber die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht in ihrem neuesten Jahresbericht von immer mehr Hinrichtungen weltweit und man kann davon ausgehen, dass die Maschinerie des Tötens und die Perfidie des Folterns heutzutage anders, aber nicht weniger grausam abläuft als in der frühen Neuzeit.
Welch ein Beruf der des Henkers war, schildert Joel F. Harrington eindrucksvoll in seinem klugen Buch "Die Ehre des Scharfrichters: Meister Frantz oder ein Henkersleben im 16. Jahrhundert". Der Historiker wertete das Tagebuch dieses Mannes aus, der einen eigenwilligen Karriereweg hinlegte. Als Sohn eines Scharfrichters war Schmidt gezwungen, den Beruf seines Vaters weiter zu führen und lebte ein Leben in Isolation und Unehre: Niemand wollte mit einem Henker zusammen gesehen werden. Die so genannte ehrbare Gesellschaft schloss den Mann aus, der selbst jedoch recht ehrenvoll war: Er trank keinen Alkohol und übte nebenbei den Beruf des Heilers aus - absurderweise auch an den "Patienten", die er vorher verstümmelte. Allein an letztem Beispiel sieht man, dass die damaligen Vorstellungen von Recht und Strafe von der heutigen variieren: Hauptaufgabe der Justiz war es, abzuschrecken und die göttliche Ordnung wiederherzustellen. Und Schmidt musste dafür sorgen. Daneben arbeitete er verbissen an der Wiedererlangung seiner Ehre, was ihm am Ende seines Lebens in Nürnberg auch gelang und im Beerdigungsbuch ist er schließlich als ehrsamer Arzt verzeichnet. Seine damalige Dienstwohnung ist übrigens inzwischen ein Touristenmagnet und als Museum zu besichtigen.
Doch das Buch ist kein Stück Schauerromantik, sondern ein unglaublich interessanter historischer und volkskundlicher Einblick in ein vergangenes (Berufs-)Leben. Man würde sich wünschen, auch solch Dokumente von den Henkern von heute irgendwann einmal vorzufinden. Vielleicht würde dies zum Nachdenken über den Sinn der Todesstrafe führen, denn wie man sieht, hat sie bis heute nichts am Wesen des Menschen geändert.
Sound zum Buch:
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